Gesundes Essen for free
Der ein oder andere von euch kennt vielleicht noch das Containern!? Das war die Rettung von Lebensmitteln aus den Müllcontainern der Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte. Diese werfen nämlich so einiges an Essbarem weg, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht wurde oder in wenigen Tagen erreicht werden wird oder weil sie Platz in den Regalen brauchen. Das Mitnehmen dieser Produkte wird von Rechtswegen aber als Diebstahl behandelt. Das führte dazu, dass clevere und findige Leute andere Wege einschlugen und die Underground-Lebensmittelrettung gar nicht mehr nötig ist.
So geht Lebensmittelrettung heute
Es gibt mittlerweile in vielen Städten Kooperationen von engagierten Personen und Lebensmittelgeschäften bzw. Unternehmen und Institutionen bei denen Essbares übrig bleibt und aus dem Verkauf genommen wird. Diese Nahrungsmittel können dann von den Lebensmittelrettungs-Aktivisten z.B. von Foodsharing ganz legal abgeholt und anschließend verteilt werden. Wie diese Verteilung funktioniert, ist unterschiedlich gelöst. In Heidelberg beispielsweise gibt es die sogenannten Fairteiler. Das sind Stationen auf Privatgrundstücken, zu denen die Lebensmittel gebracht werden und von wo sie ein jeder abholen kann. Meist stehen dort Regale für die geretteten Waren und manchmal sogar ein Kühlschrank.

Und wer kann sich hier bedienen?
Einfach jeder! Es gibt so ein paar Gedanken, die Vielen in den Kopf schießen, wenn man von Foodsharing und den Fairteilern erzählt. Ein Klassiker ist die Frage:
„Nimmt man es nicht dann den Bedürftigen weg?“
– Nein! Es geht hierbei nicht darum Bedürftige zu versorgen. Selbstverständlich sind auch diese gern gesehen, aber es gibt für Bedürftige noch weitere Anlaufstellen und diese sind (zumindest in Heidelberg) mehr als gut versorgt. So gibt sogar die Tafel ihre nicht mehr benötigten Reste frei und die Jungs und Mädels von Foodsharing holen sie ab, um sie dann in den Fairteilern auszulegen.
Habt ihr das denn echt nötig?
Das ist eine Frage, die meine Eltern sofort äußerten und damit sind sie nicht allein. Nein, natürlich nicht! Wir verdienen gut und könnten es uns problemlos leisten all unser Essen im Supermarkt einzukaufen. Darum geht es aber nicht! Es wird in Deutschland so viel Essen weggeworfen, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Und es handelt sich dabei häufig um Essen, das absolut in Top-Zustand ist. Dies ist nicht nur eine dramatische Verschwendung von Ressourcen und Erzeugnissen – Erzeugnisse die Menschen ernähren können – sondern für diese Lebensmittel sind teilweise Tiere in abartigen Verhältnissen gehalten worden, sind teilweise lange Transportwege in Kauf genommen worden und es wurde oft viel Wasser und Energie eingesetzt. Das alles ist vollkommen verschwendet, wenn das Essen auf dem Müll landet. – Gut vielleicht kann ein Heizkraftwerk einen kleinen Teil davon zu Strom und Wärme verwandeln – aber das ist wohl kaum ein adäquater Grund, das gute Essen wegzuwerfen!
Aber nicht nur die Verschwendung des Essens ist ein Grund, der uns mit Begeisterung die Fairteiler besuchen lässt. Es gibt noch viel mehr:
Man lernt neue Dinge kennen!
Anders als beim Containern, bei dem vorwiegend verarbeitete Lebensmittel erbeutet wurden, bekommt man von Foodsharing meist Gemüse, Obst, Brötchen und Brot. Darunter finden sich immer wieder mal Dinge, die wir nicht kennen. Zum Beispiel gab es mal eine Salatart, die aussah wie riesiger Löwenzahn oder Wurzelgemüse, was man im Supermarkt nie zu sehen bekommt.
Außer den Fairteilern gibt es noch weitere Verteilkanäle, wo es auch mal was Verarbeitetes gibt. Auch hier sind immer wieder Produkte dabei, die wir uns selbst nicht unbedingt kaufen würden – zum Beispiel, weil wir gar nicht wussten, dass sie existieren … Diese Woche gab es beispielsweise Dinge aus einem asiatischen Supermarkt. Da waren Salatöle mit Knoblauch und andere mit Chili. Außerdem gab es Knabbereien mit Shrimpgeschmack sowie DimSum (gefüllte Teigtaschen), eine scharfe Erdnusscreme, eine Bohnenpaste und eingelegten Senfkohl. Das sind Dinge, die wir uns vermutlich nicht ohne Weiteres gekauft hätten. Aber so probiert man ab und an was Neues, was man sonst nie probieren würde. Und das ohne schlechtes Gewissen. Denn selbst wenn es tierische Erzeugnisse sind, ist es immer noch gerettete Nahrung, die sonst auf dem Müll landen würde. Außerdem wird kein Kauf dieser Produkte verbucht und damit keine Nachfrage dieser (vielleicht sonst eher fragwürdigen) Produkte generiert. Also erlaube ich mir hier dann auch mal die Produkte, die ich sonst nicht kaufen würde.
Aktiv für eine gute Sache
Das ganze System funktioniert durch freiwillige Helfer und da gibt es keine festen Arbeitszeiten. Das heißt letztlich aber auch, dass nicht immer gerade was da ist, wenn man dort vorbeigeht. Damit man sich aber nicht immer umsonst zum Fairteiler begibt, gibt es Internetseiten, auf denen gepostet werden kann, was gerade drinnen ist.
Vor verdorbenen Lebensmitteln braucht man dabei keine Angst zu haben! Bei Foodsharing kann nicht jeder mitmachen, sondern es gilt zuerst die Regeln zu verinnerlichen und einen Eingangstest zu bestehen. Wenn man es dann geschafft hat und Foodsaver werden darf, wird überwacht, dass man sich an die nötigen Regeln hält. Diese Regeln haben vor allem zwei Ziele:
- Der Ruf von Foodsharing bei kooperierenden Betrieben und in der Öffentlichkeit muss gut bleiben (dabei ist z.B. Zuverlässigkeit bei der Abholung wichtig).
- Jedes Lebensmittel muss richtig behandelt werden. Es gibt klare Regeln, welche Lebensmittel in die Fairteiler dürfen, bei welchen die Kühlkette eingehalten werden muss und welche aussortiert werden müssen.
Wenn man dann noch seinen gesunden Menschenverstand nutzt und die einzelnen Stücke überprüft, bevor man sie isst, kann nichts passieren.
Und wer macht sich die Mühe, sowas zu organisieren?
Seit einigen Jahren schon fahren wir immer mal wieder bei den Fairteilern vorbei. Wir wussten auch, dass der Verein Foodsharing dahinter steckt. Aber viel mehr wussten wir nicht. Wir dachten, dass es wohl ein paar Idealisten gibt, die sich engagieren, und hatten immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass wir nur nehmen, aber nichts dafür tun.
Durch Zufall lernten wir einen der Koordinatoren für den Raum Heidelberg kennen und fragten ihn aus über die Strukturen und wie wir uns einbringen könnten. Wir erfuhren Erstaunliches! Zunächst konnten wir es kaum glauben, aber in Heidelberg gibt es circa 1800 aktive Foodsaver und viele weitere Menschen, die im Hintergrund arbeiten. Der „Job“ des Abholers ist dabei logischerweise am beliebtesten: Man geht zum vereinbarten Zeitpunkt zum Laden und nimmt alles mit, was dort übrig ist und was noch in Ordnung ist. Was man behalten möchte, behält man und alles andere fairteilt man weiter. Logischerweise darf man kein Geld oder sonst irgendeine Gegenleistung dafür erwarten. Dafür spart man eine Menge Geld und tut dabei noch der Umwelt und den Mitmenschen etwas Gutes! Besser könnte eine Aufgabe kaum sein 🙂 Zuverlässigkeit und eine gewisse Flexibilität sind dabei natürlich wichtig.
Die Kunst und der Reiz der Improvisation
Zum Fairteiler zu gehen ist eine andere Form des Einkaufens als im Supermarkt. Im Supermarkt kaufst du entweder immer das Gleiche oder aber du stehst vor einer schier unüberschaubaren Menge an Möglichkeiten. Man könnte sagen, der Fairteiler trifft eine Vorauswahl für dich. Allerdings muss diese nicht unbedingt deine Lieblingsprodukte enthalten.
Ein Fairteiler ist wie ein Überraschungsei für Erwachsene – Man weiß nie genau was man bekommt. Es gibt Tage, da gibt es viel von einer Sorte (z.B: Radieschen oder Bananen). An anderen Tagen findet man verschiedene Gemüse, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenzupassen scheinen (z.B. Suppengemüse, Tomaten, Zitronengras). Hier musst du als Koch kreativ werden.
„Du hast doch nichts dagegen, wenn ich beim Kochen heute experimentiere, oder?“
Die tägliche rhetorische Frage im Hause des InvestierPaars
Wenn wir an einem gut gefüllten Fairteiler ankommen, stellen wir uns erstmal die Fragen:
Wie kann ich möglichst lange von dem heutigen Angebot essen – Wie viel kann ich also mitnehmen und auch wirklich verbrauchen?

Wenn ich davon länger essen will muss ich entweder Sachen mitnehmen, die ich alle in einem Gericht zusammen kochen kann, welches ich über mehrere Tage esse oder ich muss mehr lagerfähiges Gemüse einpacken (Wurzelgemüse, Kohl). Es bringt beispielsweise nichts Salat für zwei Wochen einzupacken, da er vorher verwelkt.
Möchte man seinen Gemüsebedarf mehr oder weniger durch Fairteilerbestände abdecken, kommt man um ein bisschen Planung und Lebensmittelkunde nicht herum. Zum Beispiel sollte man wissen, welches Gemüse sich im derzeitigen Zustand wie lange hält und ob es in den Kühlschrank muss (freie Kapazität beachten!). Man muss lernen zu unterscheiden, ob etwas nur nicht mehr ganz frisch und makellos oder bereits verdorben ist. Das ist eine Fähigkeit, die man aber bald raus hat und mit der Übung erhöht sich der Nutzen und die Effektivität der Nahrungsbeschaffung – nicht nur beim Lebensmittelretten, sondern auch beim Einkauf. Durch das Erlernen der besseren Planbarkeit muss auch zuhause weniger weggeworfen werden. – Das ist ein tolles Gefühl!
Seit wir die Fairteiler nutzen, gehen wir viel seltener einkaufen – das spart natürlich nicht nur Geld sondern auch Zeit. Andererseits muss man auch bereit sein, nach dem „Einkauf“ zu Hause noch etwas Zeit zu investieren. Stell dir mal vor du hast eine Packung Trauben heimgebracht. Darin befinden sich drei faulige. Preisfrage: Was passiert wenn du die Packung zwei Tage bei Zimmertemperatur unangetastet rumstehen lässt? – Genau, du darfst die gesamte Packung samt Inhalt entsorgen. Wenn du aber die geretteten Lebensmittel gleich von ihren faulenden Kollegen trennst, kannst du sie mit gutem Gefühl genießen.
D.h. es steht noch Arbeit an, wenn du nach Hause kommst.
- Aussortieren von Gemüse und Obststücken (oft sind z.B. in einem Schälchen Erdbeeren nur zwei dabei die gammel – die müssen aber schnell von den anderen getrennt werden.)
- Salate pimpen (welke und unschöne Blätter weg, Salat ins Wasser stellen)
- nach Prio der Verarbeitung sortieren (am besten zunächst auf dem Tisch räumlich trennen)
- geeignete Kandidaten einfrieren
- Offenes abwaschen (man weiß ja nie ob es schon jemand in den Händen hatte)
Ein paar Beispiele, was für leckere und erstaunliche Mahlzeiten wir so aus Fairteilerfunden zubereiten, verlinken wir dir hier bald.
Wenn es so viel Aufwand ist, warum machen wir es dann?
Einerseits entspricht es unserer Überzeugung, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden sollten, solange sie noch essbar sind. Andererseits spart es natürlich auch schlicht und ergreifend eine Menge Geld, welches dann für die Zukunft sowie nachhaltige Produkte investierpaar ist. Das Geld liegt hier sozusagen im Regal auf der Straße. 😉

Dazu kommen dann die oben beschriebenen Nebeneffekte, wie das Kennenlernen und Ausprobieren neuer Lebensmittel und Gerichte. In der Corona- (und eigentlich auch Erkältungs-) Zeit ermöglicht ein Fairteiler den ansteckungsfreien Einkauf. Außerdem macht es auch immer wieder Spaß, auf dem Heimweg vobeizufahren und zu schauen, ob und was es gibt – das weckt den Jäger- und Sammlertrieb und ein gut gefülltes Regal fühlt sich an wie Weihnachten 😉 Im Supermarkt erwartet man volle Regale, da ist man enttäuscht, wenn es etwas Bestimmtes nicht gibt, obwohl es eine Trillion Alternativen gibt. Beim Fairteiler ist es genau andersherum, man freut sich riesig über das, was man abstauben kann. Wenn das Regal doch mal leer ist, muss man halt doch „normal“ einkaufen gehen oder zu Hause mit dem improvisieren, was man da hat…
Und dann gibt es da noch die sogenannten „Essenskörbe“. Dabei handelt es sich meist um verarbeitete Lebensmittel oder solche, bei denen die Kühlung wichtig ist. Die Essenskörbe werden dann bei Privatpersonen zuhause abgeholt und bieten immer die Möglichkeit zu einem kleinen Ausflug. Und im Gegensatz zum Fairteiler erfährt man oft genau was es gibt. Einen Artikel dazu haben wir hier für dich.
Probier’s doch einfach selber mal aus. So tust du etwas für dich, für deine Zukunft und die Umwelt und gleichzeitig gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln.
Oder vielleicht willst du dich sogar gegen die Verschwendung von Essen engagieren und vielleicht einen Fairteiler in deinem Ort anstoßen? Das könnte dann auch gleich ein Projekt für deine Jahresziele werden.
Verrate uns doch deine Erlebnisse und Erfahrungen und vielleicht ein paar deiner improvisierten Gerichte. Wir freuen uns drauf.
Auf bald.
Happy Investing
Dein InvestierPaar
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3 Gedanken zu “Fairteiler – Essen was ins Regal kommt.”